Zur Beantwortung dieser aktuellen und wichtigen Frage müssen wir vorerst mindestens die Grundzüge ihrer Entwicklung betrachten. Hier eine Kurzfassung davon.
Die Freikirche der STA ist eine verhältnismäßig junge Glaubensgemeinschaft. Sie wurde 1863 auf der ersten Generalkonferenz in Battle Creek, Amerika, mit 3.500 Gliedern in 125 Gemeinden gegründet und ist als Nachfolgeorganisation der sog. Millerbewegung hervorgegangen, die am 23.Oktober 1844 zerfallen ist, weil Jesus nicht an dem von Miller berechneten Tag wiedergekommen ist.
Die Adventpioniere, die meisten wurden von ihren Kirchen ausgeschlossen, waren fest entschlossen, keine Organisation zu gründen, sahen aber die Notwendigkeit ihre Glaubensüberzeugung, dass Jesus bald wiederkommt, hörbar zu vertreten. Schließlich haben sich Tausende von ‚Milleriten’ enttäuscht von Miller abgewandt.
Diese Situation brachte die Adventpioniere in ein starkes Spannungsfeld zwischen Weltdistanzierung und Weltkonformierung. Sie sahen sich genötigt, ihre Exklusivität zu publizieren, um ihre Identität zu begründen. Demzufolge betonte ihre Verkündigung, die auf intensives Bibelstudium aufgebaut und biblisch belegbar war, besonders die apokalyptischen Themen. Die von der allgemeinen Christenheit anerkannten Themen, wie die Erschaffung der Welt, den Anbetungsanspruch Gottes, die Sündenvergebung durch das Blut Jesu uam. ersahen sie als nicht so notwendig, denn diese Themen waren für sie selbstverständlich. Ihre biblische ‚Beweisführung’ der baldigen Wiederkunft Jesu bewegte doch nicht wenige, sich ihnen anzuschließen. Das starke ‚Gemeindewachstum’ machte eine Organisierung unumgänglich. Wie sollte Gemeinschaftseigentum verwaltet, wie Mission betrieben, wie Literatur erstellt und verbreitet werden. Nun kam auch noch die Publizierung durch Druckwerke dazu. Allmählich bekam die Öffentlichkeit von den Publizierungen den Eindruck, die Adventisten seien Gesetzesmenschen. Sie versäumten, sich so mitzuteilen, dass sie objektiv verstanden werden konnten. E. G. White ermahnte zu der Zeit die Prediger, ihre Predigten nicht mehr ‚so trocken wie die Berge von Gilboa’ zu halten. Als dann die Lehre von der Glaubensgerechtigkeit, die Ellet J. Waggoner (1855-1916 Prediger, Schriftleiter, Arzt) und Alonzo T.Jones (1850-1923, Schriftleiter) auf der Generalkonferenz in Minneapolis 1888 vorgestellt hatten, schließlich von der Gemeinschaft angenommen worden war, erlebte sie ein rapides Wachstum. Die Gliederzahl verdreifachte sich von 1888 – 1901.(„Freikirchenforschung 2000 Nr 10“ D. Heinz)
So viel zu den Pionieren im Telegrammstil. Es mag ausreichen, um zu erkennen, dass die ersten Jahre der Gemeinschaft der STA gar nicht so konstant waren, wie der Eindruck entsteht, wenn von den Pionieren geredet wird! Wer von Pionieren spricht, sollte genauer definieren, was er meint, denn auch sie standen unter nicht geringen Veränderungen.
Zu Recht wird die Gemeinde ‚Adventbewegung’ genannt. Aus gutem Grund lehnen Adventisten auch ein starres Glaubensbekenntnis ab. J. N. Loughborough: „Der erste Schritt zum Abfall besteht darin, ein Glaubensbekenntnis aufzustellen, das uns sagt, was wir glauben sollen“.
Michael B. Czechowski (1818-1876) ehem. polnischer Priester, seit 1857 STA und Prediger in Kanada, verspürte den Drang, das Evangelium auch in Übersee zu verkündigen. Da die Gemeinschaft für solch einen Schritt noch nicht bereit war, bereiste er 1865 den europäischen Kontinent auf eigene Kosten. Er leistete unter unvorstellbaren Opfern erfolgreiche Missionsarbeit in Italien, in der Schweiz und in Rumänien. Der erste offizielle STA-Missionar John N. Andrews (1829 – 1883) griff 1874 Czechowskis Arbeit in der Schweiz auf. Durch einen Wanderhandwerker erfuhr er, dass es in Deutschland in Vohwinkel bei Elberfeld Sabbathalter gibt, die ihren Ursprung in J. H. Lindermann (seit 1867) haben. Andrews und Jakob Erzberger (1843 – 1920; Chrischona-Absolvent; ordinierter STA-Prediger) können 1876 in Vohwinkel und Solingen die ersten STA-Gemeinden in Deutschland gründen.
Ludwig Richard Conradi (1856 – 1939; gebürtiger Karlsruher, Böttcherlehrling, wanderte 1873 in die USA aus, 1878 Taufe, 1882 Einsegnung, Prediger bei deutschen und russischen Emigranten, größter adv. Missionar, erfolgreicher Schriftsteller) reiste 1886 nach Basel, 1887 nach Deutschland. Conradi griff nicht die in Amerika übliche Missionsstrategie auf ( z.B. die in Deutschland unüblichen Zeltevangelisationen und die direkte Verkündigung typisch adventistischer Lehrüberzeugungen) aber auch nicht die Methoden der Lindermann-Gruppe im Rheinland, die er Binnensicht und Konvertikelgeist nannte. Conradi suchte z. B. in den evangelikalen Lehren apokalyptische Elemente, die sich an unsre Auslegung anlehnen, um damit Anknüpfungspunkte zu finden und Zusammenhänge herzustellen. Er bildete auch seine Prediger zu eher unauffälligen Vortragsrednern aus, so dass dem Zuhörer ein Wiedererkennungseffekt geboten ist. Dennoch war seine Verkündigung trotz seinen Bemühungen um Kontextualisierung korrekt und bibelkonform, und seine Arbeit unübertroffen erfolgreich. Seine zahlreichen Bücher waren viel gefragt und gelesen und sind es z.T. heute noch, obwohl sie seit seinem Austritt aus der Gemeinschaft nicht mehr aufgelegt wurden. Sein Wirken erstreckte sich nicht nur auf Deutschland, wo er ein Verlagshaus, eine Missionsschule, die Reiseprediger und Buchkolporteure (BE´s) ausbildete, ein Sanatorium mit Gesundkostwerk in Friedensau (1899) und eine Außenmissionsgesellschaft (1901) gründete. Er wirkte in vielen Ländern Europas, Nahost und Deutschostafrika (Tansania).
Das Gliederwachstum war in dieser Zeit unübertroffen. 1890 waren es in Deutschland noch 76 Mitglieder, bei Ausbruch des 1. Weltkrieges bereits 15.000 Glieder.
Conradis Haltung zu E. G. White war distanziert und verhärtete sich, als sie durch eine göttliche Inspiration erfahren hatte, dass er sich eines schweren unmoralischen Vergehens schuldig gemacht hatte, was er sorgfältigst zu verheimlichen suchte. Bedauerlicher Weise verließ Conradi im Alter von 75 Jahren, 8 Jahre vor seinem Tod, die Gemeinschaft und schloss sich den Baptisten an. Als Ursache seines Austritts gab er die Position E. G. Whites in der Adventgemeinde an, die er strikt abgelehnt hatte. Ferner stand er in einem Konflikt mit der Heiligtumslehre. („Ludwig Richard Conradi“ v. D. Heinz und „Conradi und Hamburg“ von G. Padderatz)
Fragen wir uns jetzt an der Schwelle des Übertritts in die Gegenwart und Zukunft angelangt noch einmal: „War die Adventgemeinde bisher konservativ oder liberal? Konservativ (konserviert, unveränderlich, fest betoniert) war sie nicht. Die Geschichte belegt eine Unzahl von Änderungen (Bewegungen). Aber liberal (ohne verbindliche Regeln) war sie auch nicht. Noch immer halten wir an den 26 Glaubenspunkten der frühen Adventisten fest. Z.Zt. sind es 28 Glaubenspunkte.
Bleibt die Frage, die unsere Leitung so formuliert hat: „Qou vadis Adventgemeinde“. Wo wir in den nächsten Jahren stehen werden, hängt davon ab, wie viel Kompromisse noch geboren werden oder ob wir die Notwendigkeit einer Erweckung und Reformation einsehen und uns auf biblischem Boden behaupten.
Verständlicher Weise waren die Missionsbestrebungen der frühen Adventisten von Conradis Missionsverständnis geprägt: „Europa ist nicht Amerika!“. Der Adventismus müsse sich zu einer internationalen Weltkirche entwickeln (geistliche Evolution, oder?).
Obwohl die Gemeinschaft schon so viele Veränderungsprozesse durchlaufen hat, hatte sie dennoch ihre Identität bisher bewahrt. Denn die Veränderungen betrafen nie die Inhalte der Verkündigung, sondern nur die Gewichtung der Lehrpunkte. Nichtsdestoweniger liegt in der bisherigen Entwicklung des deutschen Adventismus die Gefahr der Kompromissbereitschaft, der sie tatsächlich im 1. Weltkrieg zum Opfer gefallen ist, als die Brüder zum Wehrdienst verpflichtet wurden. Die offizielle Haltung der Gemeinschaftsleitung, zur Verteidigung des Vaterlandes einzustehen und auch am Sabbat die Waffen zu tragen, führte zur Abspaltung der Reformadventisten. Ähnliches wiederholte sich im 2. Weltkrieg.
Ein kleiner Kompromiss gebiert einen weiteren; zwei wieder zwei und so weiter!
Welches Ausmaß hatte die Kompromissbereitschaft erreicht, als die innerdeutsche Grenze aufgehoben worden war? Der Ostdeutsche Verband (ODV) zur DDR-Zeit sah seine Überlebenschance darin, mit den anderen evangelikalen Gruppen zu kooperieren. Bei der Zusammenlegung des ODV und NDV brachte er diese Einstellung mit ein, mit dem Erfolg, dass die Adventisten in Deutschland die Mitgliedschaft in der ACK (Arbeitskreis christl. Kirchen) anstrebten.
Meine geschätzten Leser werden es bereits gemerkt haben:
Wenn man auch eine (politische) Ideologie in konservativ oder liberal einstufen kann, aber die Botschaft von der Erlösung durch Jesus Christus lässt sich beim besten Willen nicht konservieren aber auch nicht liberalisieren. Wenn man sie nicht konservieren und nicht liberalisieren kann, dann kann man sie logischer weise erst recht nicht ein bisschen konservativ und ein bisschen liberal mischen; wie Feuer und Wasser. Die derzeit allgegenwärtige Diskussion um liberalen und konservativen Glauben muss eine Erfindung des Diabolus sein. Ein intelligenter Mensch müsste bei etwas Nachdenken erkennen, dass es genau so unsinnig ist von einem Nachfolger Jesu zu sprechen, der ein bisschen Nachfolger ist, wie von einer Frau, die ein bisschen schwanger ist.
Warum muss diese „theologische Flause“ vom Diabolus (Satan) sein? Weil er Freude daran hat, wenn Gläubige sich mit unsinnigen Diskussionen die Zeit vertreiben, die sie besser zum Zeugnisgeben aufwenden sollten.
Liebe Leserin, lieber Leser, lass dich nicht in solch eine fruchtlose Diskussion ein. Aber hinterfrage dich ernsthaft, ob du konsequent gläubig bist.
Das ist die dritte und einzig wahre Form zu Glauben!
- Konservativ glauben heißt gesetzlich glauben = LEGALISTISCH d.h. Ich verdiene mir durch Gesetze halten die Seligkeit. Diese Haltung lehnt Jesu Angebot der Erlösung ab und endet im sicheren ewigen Tod.
- Liberal heißt von den Gesetzen befreit zu glauben (gesetzlos) = ILLEGAL. Nach dem Motto ich glaube, wie ich will. Ich bringe keinen um, ich stehle nicht, ich bin gut. Diese Haltung braucht kein Erlösungsopfer, lehnt Jesu Forderungen ab; endet im ewigen Tod.
- Konsequent glauben heißt: Ich erkenne meine Sündhaftigkeit, ich erkenne auch dass ich das Erlösungsopfer Jesu brauche und ich erkenne mein Unvermögen, Jesu Forderungen zu entsprechen. Jesu Angebot, jedem zu vergeben, der an ihn glaubt, macht mich glücklich. Aus lauter Dankbarkeit möchte ich gerne Jesu Forderungen erfüllen. Ich darf Jesus um die Kraft bitten, die ich benötige ihm in allen Dingen die Ehre zu geben. Das ist LEGAL glauben. Die Gnade Gottes hebt die Gesetze nicht auf (die gelten ewig), aber sie erfüllt sie in mir. Das ist das ewige Leben.